BPM – Unsere Top 6 HR Thesen für 2022

Anfang des Jahres habe ich meinen Ausblick auf die wesentlichen Themen aus einer People und HR Perspektive gebegen: HR 2022 – Was steht an?

Zu Beginn jedes Jahres veröffentlichen auch wir – der Bundesverband der Personalmanager (BPM), in dem ich Mitglied des Präsidiums bin – unseren aktuellen HR-Forecast:

  • Was sind die bestimmenden Themen der Personalarbeit für das beginnende Jahr?
  • Wo steht die HR-Funktion im Konzert der Unternehmensfunktionen?
  • Und wie sehen die langfristigen Linien für die Evolution von HR aus? 

Hier unsere Top 6 HR-Thesen für 2022.

1. Im Jahr 3 der Pandemie wird die Kluft zwischen blue- und white-collar-workern größer. HR muss moderieren.

Auch wenn das Homeoffice zu „Zoom Fatigue“ und latenter Leistungsverdichtung führt: Büro- und Wissensarbeiter waren und sind in der Pandemie privilegiert. Dies gilt vor allem im Vergleich zu Produktionsmitarbeitern oder Beschäftigten in Service, Handel und Infrastruktur, die ihre Tätigkeiten am angestammten Arbeitsplatz verrichten. Damit verstärkt die Pandemie einen Trend, der sich seit Jahren abzeichnet: Für die Wissensarbeiterbringt die Entformalisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort im Zuge der Digitalisierung einen Gewinn an Freiheit- und Selbstbestimmung. Für die anderen, auf dem Bock oder am Band,geht es weiter wie eh und je.

Für HR heißt das: Wir müssen uns verstärkt um diejenigen kümmern, die unsere Grundversorgung sicherstellen und im Kern der Wertschöpfung arbeiten. So können wir die kulturelle Integration unserer Unternehmen gewährleistenund einen gerechten Ausgleich schaffen. Das gilt auch und gerade für Fragen der angemessenen Entlohnung. Die bewusst kontroverse Frage an unsere HR-Community: Vielleicht 2022 ein ausgefeiltes Cafeteria-Konzept für Top-Nachwuchskräfte weniger und ein ergonomisches Präventionsprogramm mehr?

Der BPM wird 2022 öffentlich und verbandsintern dafür eintreten, Themen wie Basic Work und die Bedürfnisse von blue-collar-workern stärker zu thematisieren und diesen Beschäftigtengruppen eine hörbare Stimme zu verschaffen.

2. Nachhaltigkeit ist nicht alles. Aber ohne Nachhaltigkeit ist alles nichts. HR muss grüner und sozialer werden.

Die Pandemie hat uns deutlich gemacht, was wir zuvor nicht immer verspürt haben: Der Arbeitsplatz ist ein sozialer Ort, ein Platz für Meinungsbildung und diskursive Aushandlungsprozesse. Die Mitsprache in Betrieb oder öffentlicher Institution ist ein Teil der gesamtgesellschaftlichen Demokratie und trägt zu ihrem Gelingen bei. Auch erfahren wir, wie sehr wir durch unser eigenes Handeln auf ganz einfache Weisen zur Stärkung von Nachhaltigkeit beitragen können. Zugleich sind wir Zeugen gegenläufiger Phänomene wie der Zunahme von Hate Speech und Fake News in den sozialen Netzwerken unserer Unternehmen und Organisationen. Auch um dem entgegenzutreten, sollten wir darüber nachdenken, wie wir unser Handeln als Bürger*innen im Unternehmen und als Bürger*innen des Staates noch besser miteinander verzahnen.

Für HR heißt das: Wir müssen Konzepte entwickeln, wie wir die Unternehmen zu good corporate citizensmachen und immer wieder neu in die Gesellschaft einfügen. Denn klar ist: Wer sich dem Megatrend des nachhaltigen Wirtschaftens versperrt, verliert über kurz oder lang die gesellschaftliche Legitimität seines unternehmerischen Wirkens. Deswegen muss auch HR „grüner“ werden: Wir streben als BPM eine enge Verzahnung von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit an. Im Fokus steht hierbei auch der ressourcenschonende und auf Langfristigkeit angelegte Umgang mit Mitarbeiter*innen. Mess-Systeme wie das Human Capital Management bieten uns hierfür eine gute Basis. Und sie helfen uns auch, bei den zunehmend wichtiger werdenden Kriterien rund um das Framework-Konzept „Environmental, Social, Governance“ (ESG) zu punkten.

Der BPM wird 2022 stärker Verbindungen zum Diskursfeld Nachhaltigkeit suchen und das Thema auch für diebetriebliche und institutionelle Praxis aufbereiten. Die Fachgruppe Strategisches Personalmanagement bietet hierzu schon im Januar eine Auftaktveranstaltung an.

3. In der Folge von Pandemie und Digitalisierung wird der Mensch zur Schlüsselressource. HR muss menschenzentrierte Organisationen schaffen.

Die weltweite Corona-Pandemie zeigt uns, dass der Mensch die kostbarste und verletzlichste Ressource in jedem Wertschöpfungsprozess ist. Und sie hat jeden Einzelnen von uns mit Sinnfragen konfrontiert, die sich nicht mit althergebrachten Karriereversprechen und Incentive-Angeboten beantworten lassen. „Purpose“ und „Meaning“ werden vor diesem Hintergrund zu entscheidenden Währungen für den Business-Erfolg von morgen. Das Unternehmen der Zukunft kann nur eine „People Company“ sein, in der die Mitarbeiter*innen und ihr Erleben am Arbeitsplatz im Mittelpunkt stehen. Sind seit Jahren schon die Rohstoffe und Vorprodukte knapp, werden im Jahr 2022 die Menschen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu denentscheidenden Faktoren. 

Für HR heißt das: Unter den Bedingungen von digitaler oder hybrider Arbeit menschenzentrierte Organisationen zu schaffen, wird zur großenAufgabe von HR 3.0. New Work, Resilienz, Purpose und Agilität sind die Leitsterne der Arbeit von morgen. Hier ist HR gefragt, für jeden einzelnen Mitarbeitenden individuelle und attraktive Angebote zu machen. Die Folge: HR wird in diesem Veränderungsprozess so datengetrieben, agil und strategisch wie nie zuvor.

Im BPM werden wir 2022 vor allem auf der politischen Ebene auf eine angemessene Repräsentation des Menschen im Arbeitsprozess hinwirken. Wir werden hinterfragen, wie die neue Bundesregierung das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der „Guten Arbeit für alle“ umsetzen will. Wir werden einen starken Beitrag zur Debatte leisten.

4. Jenseits von Dave Ulrich: Die HR-Business-Partner-Funktion erfindet sich in der Transformation neu. HR muss das Spektrum erweitern.

Wenn ein Schlagwort die Wirtschaft und damit auch die HR-Funktion prägt, ist es der Begriff der Transformation. Lange blieb die Transformation eher eine Erwartung am Horizont als ein Realphänomen. Nun ist sie – getrieben von Digitalisierung und Geschäftsmodellwandel – fast überall konkret spürbar. Für die Personaler*innen und vor allem die Business-Partner*innen unter ihnen bedeutet der akzelerierte und fortan wohl permanente Wandel große Herausforderungen.

Für HR heißt das: Die Business Partner-Funktion muss sich nicht nur repositionieren, sondern ihr Spektrum radikal erweitern. Neben die Rolle des Kümmerers und Beraters tritt immer mehr die Rolle des agilen Transformationstreibers. Dies erfordert nicht nur eine Änderung in den Mindsets vieler HR-Business-Partner*innen, sondern auch gezielte Schulungsangebote und Veränderungsprogramme.

Der BPM wird im Jahr 2022 die Diskussion um das Business Partnering der Zukunft durch Studien und Veranstaltungen weiter vorantreiben.


5. Good Leadership ist gefragt wie nie – doch vor allem das mittlere Management wird im Sandwich zermürbt. Ein neuer Blick auf Leadership ist dringend nötig.

Die in fast allen Branchen beschleunigt ablaufende Transformation setzt die Führung unter Dauerstress. Vielfach ändert sich in fünf Jahren mehr als in den letzten fünf Jahrzehnten. Führungskräfte müssen diese Prozesse moderieren und gleichzeitig ihre Rolle neu definieren: Kluge OKRs statt präsenzbasierter Arbeitsorganisation, das Erlernen neuer digitaler Führungstools statt Koordination über Telefon und E-Mail, vernetzt kommunizierende Teams statt top-down-Infofluss. Zwei Jahre Pandemie haben zudem eine enorme Zusatzbelastung vor allem für mittlere und obere Führungskräfte mit sich gebracht: Gesundheitsprävention und Zielerreichung wurdenKernaufgabe in der Krise und trafen auf massiv erhöhte Kommunikations-, Informations- und Betreuungsbedarfe der Mitarbeiter*innen. Führungskräfte, die während der Pandemie ihre Aufgabe ernst nahmen, haben dafür ihren Preis gezahlt. Für HR heißt das: Führungskräfte müssen ganz besonders unterstützt werden, mit maßgeschneiderten Angeboten und einem klugen Informationsmanagement.

In einer gemeinsamen Studie mit der Unternehmensberatung Kienbaum wollen wir im Jahr 2022 erstmals die Situation mittlerer und oberer Führungskräfte in der pandemiebedingten „Sandwich-Situation“ näher untersuchen und öffentlich zur Diskussion stellen.

6. Die ablaufende Workforce Transformation verlangt nach einer Revolution der betrieblichen Bildung. HR muss Echtzeit-Lernformen schaffen.

Das McKinsey Global Institute hat 2021 vorausgesagt, dass in Deutschland bis 2030 rund vier Millionen Arbeitnehmer*innen und damit rund zehn Prozent der Erwerbsbevölkerung vor einem disruptiven Umbruch ihrer Tätigkeiten und nachgefragten Qualifikationen stehen. Dieser Umbruch wird in den Unternehmen und Einrichtungen zu einer gewaltigen Bildungsexplosion führen. 

Für HR heißt das: Das Thema Lernen im Beruf wird vom Kopf auf die Füße gestellt. Weg von Bildungsurlaub im sechs Monate vorher beantragten Seminar hin zu Echtzeit-Plattformen. Sie liefern intuitive Schulungen für jede aktuell aufkommende Fachfrage und integrieren sich nahtlos in die berufliche Praxis. 

Der BPM wird das Thema Workforce Transformation zu einem seiner Schwerpunktthemen 2022 machen und zur systematischen Ausgestaltung dieses Diskursfeldes durch Kooperationen mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen beitragen.

 

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